Fallbeispiel

Im Rahmen eines einfachsten Experimentes soll untersucht werden, inwieweit die "Reaktionszeiten" von Versuchspersonen in genormten Reaktionsexperimenten mit dem "Lebensalter" der Probandinnen und Probanden in einem stochastischen Zusammenhang stehen. Zur Prüfung dieser Frage wählen wir ein varianzanalytisches Design mit dem Merkmal "Lebensalter" als unabhängige und dem proportional skalierten Merkmal "mittlere Reaktionszeit in 50 genormten Reaktionsexperimenten" als abhängige Variable.

Wir untersuchen eine grössere Zahl von Personen, die bereit sind, an unserem Experiment teilzunehmen. Dabei registrieren wir für jede Versuchsperson das Lebensalter und die von ihr erzielte mittlere Reaktionszeit in 50 normierten Reaktionsversuchen.

Nach Abschluss der Versuche gruppieren wir die Probandinnen und Probanden nach ihrem Lebensalter in 5 Stichproben:

  • Stichprobe a1: 21-30-Jährige
  • Stichprobe a2: 31-40-Jährige
  • Stichprobe a3: 41-50-Jährige
  • Stichprobe a4: 51-60-Jährige
  • Stichprobe a5: 61-70-Jährige

Damit ist eine varianzanalytische Datenauswertung vorbereitet; wir wollen sie in den üblichen Schritten durcharbeiten.

1. Zusammenstellung und Überprüfung der von den Daten erfüllten Voraussetzungen:

Das interessierende Merkmal, unsere abhängige Variable "mittlere Reaktionszeit", ist proportional skaliert. Aus zahlreichen älteren Untersuchungen wissen wir aber, dass "Reaktionszeiten" nie normalverteilt sind, weil menschlichen "Reaktionszeiten" gegen unten Grenzen gesetzt sind. Damit ist eine zentrale Voraussetzung parametrischer Varianzanalysen verletzt, und wir müssen - trotz einer proportional skalierten abhängigen Variablen - ein nichtparametrisches (verteilungsfreies) Verfahren wählen. Angezeigt ist also eine Rangvarianzanalyse für unabhängige Stichproben, die bezüglich der Verteilung des Merkmals in der Population nichts voraussetzt. Die Rangvarianzanalyse wird aber nur die Ranginformation der Daten auswerten, dies obwohl die Daten auf einer Proportionalskala erhoben wurden.

2. Formulierung der Arbeitshypothese H0 und Alternativhypothese H1:

Da wir uns für den stochastischen Zusammenhang zwischen dem "Lebensalter" (unabhängige Variable) und der "mittleren Reaktionszeit" (abhängige Variable) interessieren, formulieren wir unsere Arbeitshypothese H0 wie folgt: Zwischen der unabhängigen und der abhängigen Variablen besteht kein statistisch nachweisbarer stochastischer Zusammenhang.

Als Alternativhypothese H1 postulieren wir: Die unabhängige und die abhängige Variable stehen in einem stochastischen Zusammenhang.

3. Prüfung der Arbeitshypothese H0:

Wir werten unsere Daten anhand einer Rangvarianzanalyse für unabhängige Stichproben (H-Test nach Kruskal & Wallis) aus und geben hierfür die folgenden SPSS-Befehle ein:

  1. GET FILE 'X:\\SPSS_DAT\\reaktion.sav'.
    LIST alter reakt.
    Wir lesen unser Datenfile mit dem Namen reaktion.sav und lassen uns eine Liste der Rohdaten ausgeben. Die Variable alter beschreibt das Lebensalter, die Variable reakt die mittlere Reaktionszeit einer Person.

    SPSS Output 1 zeigen (Klicken auf die Box schliesst diese wieder.)

  2. RECODE alter (21 THRU 30 = 1) (31 THRU 40 = 2)
    (41 THRU 50 = 3) (51 THRU 60 = 4)
    (61 THRU 70 = 5) INTO altkat.
    List alter altkat reakt.
    Wir gruppieren die Personendaten in fünf Alterskategorien, die über die Hilfsvariable altkat gespeichert werden und lassen uns nochmals eine Kontrollliste ausgeben.

    SPSS Output 2 zeigen (Klicken auf die Box schliesst diese wieder.)

  3. VALUE LABELS altkat 1 '21-30 Jahre' 2 '31-40 Jahre'
    3 '42-50 Jahre' 4 '51-60 Jahre'
    5 '61-70 Jahre.'.
    VARIABLE LABELS altkat 'Alters-Kategorie'.
    VARIABLE LABELS reakt 'mittlere Reaktionszeiten'.
    NPAR TESTS /K-W reakt BY altkat(1,5).
    Wir führen für die Ausgabe Bezeichnungen für die Variablen und die einzelnen Alterskategorien ein und lassen den H-Test nach Kruskal und Wallis rechnen.

    SPPS Output 3 zeigen (Klicken auf die Box schliesst diese wieder.)

Der SPSS-Ausgabe entnehmen wir die Grössen der fünf Stichproben, die mittleren Ränge in den Stichproben, den Ausprägungsgrad der Prüfgrösse und die Überschreitungswahrscheinlichkeit dieses Ausprägungsgrades für den Fall, dass H0 gültig ist.

Bei der ermittelten Überschreitungswahrscheinlichkeit p < 0,1% lehnen wir H0 ab.

4. Interpretation

Dass H0 mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,1% abgelehnt werden kann, bedeutet, dass mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner 0,1% angenommen werden darf, dass zwischen der unabhängigen Variablen "Lebensalter" und der abhängigen Variablen "mittlere Reaktionszeit" ein stochastischer Zusammenhang besteht. Über die Art dieses Zusammenhangs geben uns die für die Stichproben bestimmten mittleren Ränge einen groben Hinweis.

Die Reaktionszeiten
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5. Mögliche weitere Datenanalysen:

Soll z.B. untersucht werden, ob sich die recht ähnlichen Reaktionszeiten der 51-60-Jährigen signifikant von denjenigen der 61-70-Jährigen unterscheiden, so vergleichen Sie die beiden Stichproben mit dem
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