16. Widerstand gegenüber dem repräsentativen Sampling
In dieser etablierten Ordnung der Sozialforschung, die zwischen Monographien und
Vollerhebung operierte (eine Methodenbuch im heutigen Sinne hätte diese beiden
hauptsächlichen Forschungen darzustellen), erschien die Idee der repräsentativen
Stichprobe etwas völlig Neues, das Widerstände erwecken musste.
Die
Argumentation gegen die Stichprobenziehung kann auf einen Punkt gebracht werden, der auch
heute noch von keiner Stichprobentechnik ignoriert werden kann.
Das
Argument lautet folgendermassen: Es ist unmöglich die Beobachtung von Tatsachen durch
Berechnung zu ersetzen. Eine Stichprobe lässt nur sorgfältige Aussage lediglich über die
Stichprobe selbst zu. Alle anderen Aussagen über die Grundgesamtheit sind lediglich
Hypothesen. Wissenschaftslogisch müsste man sagen: alle Aussagen über das Ganze aufgrund
von Stichproben beruhen auf einem Induktionsschluss (auch wenn damit Hypothesen getestet
werden), und wo Induktionsschlüsse gezogen werden, gibt es auch eine
Induktionsproblematik. Deshalb vorderten die Verteidiger der Vollerhebung im Wortlaut:
"Pas de calcul là où l'observation peut être faite". Keine Rechnerei, wo direkte
Beobachtung möglich ist.
Um die Widerstände gegenüber der neuen
Methode ungeachtet des gewichtigen Inhaltes zu verstehen, sind auch ein, zwei andere
Evidenzen relevant:
- Das ISI war getragen vor allem von Vertretern der entstehenden statistischen Ämtern in den verschiedenen Staaten. Sie bauten unter teils grossen Mühen Institutionen wie die Volkszählungen auf (also Vollerhebungen) und waren um deren Sicherungen respektive Erweiterungen bemüht.
- Im ISI waren vor allem Personen der unmittelbaren Praxis vertreten. Durch die mit der Stichprobentheorie sich abzeichnende Mathematisierung und damit Professionalisierung fühlten sich die mathematischen Laien offenbar bedroht.